„Die Türöffner“ – ein Projekt der CKD – Das Netzwerk von Ehrenamtlichen: Eine Einladung zur Nachahmung zu den Themen Einsamkeit und Freiwilligenengagement

  • 3. November 2023

Das Netzwerk von Ehrenamtlichen der Caritas-Konferenzen Deutschlands (CKD) stellt sich einem der größten gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit: der Einsamkeit – und entwickelte 2015 das Projekt „Die Türöffner – begegnen – begleiten – besuchen: Neue Wege zum Miteinander“. Durch ein Matchmaking werden ehrenamtlich Engagierte mit hochaltrigen Menschen zusammengebracht, die Interessen und ähnliche Biografien verbinden.

2018 wurde das Projekt mit dem Marie Simon Pflegepreis ausgezeichnet. Seitdem hat es sich vorbildlich entwickelt und ist zu einer bundesweiten Initiative herangewachsen.

Im Gespräch: Monika Sewöster-Lumme, Bundesreferentin CKD „Die Türöffner“, Berlin

 

Wie sieht heute die bundesweite Initiative der Türöffner aus und welche Rolle hat die CKD – Das Netzwerk der Ehrenamtlichen?

„Die Türöffner“ ist ein seit 2016 installierter inhaltlicher Schwerpunkt der CKD – das Netzwerk von Ehrenamtlichen, der seit 2022 von der CKD-Bundesebene aus koordiniert und verbreitet wird. Die CKD ist ein Verband, der – angeschlossen an den Wohlfahrtsverband Caritas – mit ca. 60.000 Mitgliedern eine ehrenamtlich geführte Selbstvertretung von karitativ tätigen Engagierten ausübt.  Mit der Bereitstellung von Geldern aus Fördermitteln ist es der CKD-Bundesebene möglich, die Inhalte des Konzeptes „Die Türöffner“ weiterzugeben, bundesweit zu neuen Türöffner-Initiativen anzuregen und bei der Installation zu unterstützen. Die beiden Hauptschwerpunkte sind die Berücksichtigung der Anforderungen an ein passgenaues und modernes Ehrenamt sowie das Ermöglichen gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen in Einsamkeit und anderen Notlagen.

In mittlerweile über 100 Vorstellungen des „Die Türöffner“-Konzeptes und in den daraus entstandenen sieben eigenständigen Türöffner-Initiativen (drei weitere befinden sich gerade im Aufbau) zeigt sich die Aktualität und die Kraft dieser Idee, Menschen gleicher Interessen und Biografien zusammenzubringen und ein Netzwerk für eine sorgende Gesellschaft in Sozialräumen aufzubauen.

Im Jahr 2023 konnte durch Projektmittel der postcode-lotterie eine weitere Facette in das Türöffner-Konzept mit aufgenommen worden. Die gesellschaftliche Herausforderung des Klimawandels als Querschnittaufgabe durch alle Bereiche, findet nun auch in Empfehlungen zum Mitdenken eines sozial-ökologischen Ehrenamtes statt.

Das praxisorientierte Projekt „Die Türöffner“ gibt wichtige Impulse für das neue CKD-Querschnittsthema Einsamkeit im Alter, zu dem der Bundesverband mit weiteren Praxisbausteinen, in der verbandlichen Positionsfindung als auch im inhaltlich-konzeptionellen Wirken arbeitet.

 

Der Weg von einer regionalen Initiative zu einem bundesweiten Netzwerk ist eine beeindruckende Entwicklung. Was hat Ihnen auf dem Weg dazu geholfen?

Was als kleine Initiative in einer kirchlichen Gemeinde in Niedersachsen ausprobiert wurde, ist herangewachsen zu einem Konzept mit Alltagstauglichkeit und Übertragbarkeit in kirchliche und kommunale Strukturen.

Was hat dazu beigetragen?

  • Die Begeisterung der ersten und ursprünglichen Initiative,
  • die Resonanz aus der Bevölkerung und durch Kirche und Kommune,
  • das Erkennen des Potentials dieser Idee durch den Vorstand der CKD Osnabrück,
  • eine breite Öffentlichkeitsarbeit,
  • die Auszeichnung mit dem Marie Simon Pflegepreis der Berliner Pflegekonferenz als Indikator und Beschleuniger für weiteren Ausbau,
  • die Beharrlichkeit, ein pragmatisches Konzept zu vertreten,
  • die Fähigkeit, auch kleine Erfolge als wichtig einzustufen,
  • die Haltung des Langmuts und der Ausdauer
  • und die Bereitschaft zu Kooperation und Netzwerken.

 

Was waren Ihre größten Herausforderungen auf diesem Weg und wie konnten Sie diesen begegnen? Welche sind es immer noch?

Eine der großen Herausforderungen ist die Refinanzierung. Gibt es keine finanziellen Mittel zur Bereitstellung von personellen und zeitlichen Ressourcen, sowie von Sachkosten, ist die Weiterverbreitung des Konzeptes nicht möglich. So bedeutet es nun jedes Jahr, Projektmittelgeber zu akquirieren. Eine ressourcenintensive Aufgabe, bei der aber auch uns Antragstellenden immer wieder deutlich wird, wie gut und aktuell das Konzept ist.

Eine weitere Herausforderung ist die Öffentlichkeitsarbeit. In dieser schnelllebigen und vielfältigen Welt, mit ihren unzähligen Angeboten ist es eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, sein „Produkt“ gut zu platzieren und Adressaten auszumachen. Hier sehe ich auch die Berliner Pflegekonferenz und weitere Player aus dem Gesundheits- und Sozialbereich als Akteure für Kooperation und Weiterentwicklung des „Die Türöffner“-Konzeptes

Die dritte Herausforderung sehe ich in dem Bestreben vieler, „ihr eigenes Ding“ machen zu wollen. Für mich ist das das englische Wort Koopetition zu einer Lösung geworden. In Vorstellungen und Gesprächen weise ich darauf hin, dass es ein größeres Gemeinsames gibt, was Kooperation ermöglichen und Konkurrenzen überwindbar machen sollte: Die Frage nach gesellschaftlicher Teilhabe – oder noch individueller gestellt: Wie möchte ich alt werden? Was wird mir von unserer Gesellschaft ermöglicht, wenn ich physische, psychische oder finanzielle Notlagen durchlebe wie z.B. Einsamkeit, Pflegebedürftigkeit, Pflegendenangehörigkeit?

Und eine letzte (bestimmt nicht die letzte) Herausforderung sehe ich in der Digitalisierung und den Notwendigkeiten, hier eine Kompetenz aufzubauen, um „wettbewerbsfähig“ zu sein, sie sinnvoll einsetzen und nutzen zu können.

[„Die Koopetition (auch Koopkurrenz; englisch Coopetition) ist sowohl ein Zustand als auch ein Verhalten von (Wirtschafts-)Akteuren, bei dem Kooperation und Konkurrenz in einer Beziehung zusammenfallen. Sie ist aus den Wörtern Kooperation (Zusammenarbeit) und Kompetition (Wettbewerb) zusammengesetzt. Sie wurde mit dem gleichnamigen Buch Co-opetition durch die Spieltheoretiker Adam Brandenburger und Barry Nalebuff im Jahr 1996 in die allgemeine Strategie-Diskussion eingeführt.“ Koopetition – Wikipedia.]

 

Was sind Ihre nächsten Pläne? Wie erhoffen Sie sich für die zukünftige Entwicklung der Initiative?

Das Konzept von „Die Türöffner“ soll weiter verstetigt werden. Der Bundesverband der CKD möchte Multiplkator:innen ausbilden, die die Arbeit von der Bundesebene dann wiederum in die Fläche bringen. Wir sehen weiterhin ein großes Potential in diesem Konzept, das getragen ist durch fünf Säulen: Charismen/Talentorientierung, Standortanalyse, Netzwerken, Biografie-Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit. Das Konzept soll verstärkt auch über die Grenzen der CKD-Mitgliederebene heraus bekannt gemacht werden.

Eine weitere Notwendigkeit und auch eine Chance liegen in der Überprüfung der Übertragbarkeit und Anpassungsmöglichkeit in ein freiwilliges Engagement mit Erstattung von Aufwandsentschädigung und Pauschalen. Die wirtschaftliche Situation von potenziellen Ehrenamtlichen erfordert es immer häufiger, über finanzielle Unterstützung nachzudenken, damit das Engagement auch attraktiv ist und als eine Möglichkeit gewählt wird, sich an einer sorgenden Gesellschaft zu beteiligen.

Eine Idee, die großen Aufwand und finanzielle Hürden bereithält, ist der Aufbau einer App.

 

Was möchten Sie anderen Initiatoren von Pflegeprojekte mit auf den Weg geben?

Ich habe noch sehr gut im Ohr, wie mir – als Vertreterin für die Ursprungsinitiative – die leider im Jahr 2022 verstorbene ehemalige Bundesfamilienministerin und BAGSO-Vorsitzende Prof. Dr. Ursula Lehr nach der Auszeichnung mit dem Marie Simon Pflegepreis zusprach, Ausdauer zu haben und „groß“ zu denken.

Diese beiden Haltungen möchte ich anderen Initiator:innen von Pflegeprojekten gerne mit auf dem Weg geben. Vertrauen Sie ihren Ideen und werden Sie nicht müde, für sie einzustehen. Üben Sie sich in Kooepetition und gehen Sie ungewöhnliche Wege. Vielleicht treffen wir uns dort und öffnen gemeinsam Türen 😊.

Mehr Informationen und Materialien sowie ein digitales Forum zur Initiative finden Sie unter Die Türöffner (ckd-netzwerk.de)